Canon setzt bei der EOS R (Datenblatt)
Von Vorteil ist zweifellos der große Handgriff, der die EOS R sehr komfortabel in der Hand liegen lässt. Durch Gummierungen am Griff und auf der Rückseite können Fotografen die DSLM bequem festhalten. Einen zusätzlichen Batteriegriff, den Canon in Form des BG-E22 anbietet, erachten wir (zumindest bei normal großen Objektiven) nicht als notwendig.
Das Gehäuse aus einer Magnesiumlegierung ist hochwertig verarbeitet, vor Staub und Spritzwasser schützende Abdichtungen fehlen selbstverständlich nicht. Dadurch hat man – wie bei den Semi-Profi-DSLRs von Canon – zu jederzeit das Gefühl, eine solide und robuste Digitalkamera zu verwenden. Das wird an einem Wechsel interessierte Fotografen sicherlich erfreuen.
In puncto Bedienung weicht Canon von seinen letzten Kameramodellen dagegen ab. Es gibt zwar noch ein gut ablesbares Kontroll-LCD auf der Oberseite, die von vielen Modellen bekannten Direktwahltasten aber nicht mehr. Dafür finden sich auf der Oberseite nun unter anderem eine Taste zum Starten von Videos, eine M-Fn-Taste und eine Lock-Taste, mit der der Benutzer alle Bedienelemente auf der Rückseite sperren kann.
Ganz neue Wege geht der japanische Hersteller auch beim Programmwählrad. Dieses ist nicht in der von vielen Kameras bekannten Form vorhanden, sondern dessen Funktion wird per Einstellrad mit mittiger Taste und dem bereits erwähnten Kontrolldisplay realisiert. Der Druck auf die mittige Mode-Taste ruft bei der Canon EOS R (Produktbilder)
Neu ist auch die Multifunktions-Touchbar, von Canon „M-Fn-Leiste“ genannt. Anders als man zunächst denken könnte, handelt es sich dabei nicht um eine Wippe oder Taste. Die Oberfläche gibt nämlich – da Eingaben allein per Touch erfolgen – keinerlei Feedback. Wir würden eine haptische Rückmeldung, wie sie eine Taste liefert, jedenfalls bevorzugen. Die Multifunktions-Touchbar ist ein vielfältig einsetzbares Bedienelement, das auf jeden Fall einige detaillierte Erläuterungen benötigt. Das Handbuch sollte vor dem ersten Einsatz daher griffbereit liegen.
Grundsätzlich sind Eingaben auf zwei verschiedene Arten möglich. Ist die sogenannte Sicherheitssperre aktiviert, muss die Touchbar zum Freischalten ein paar Sekunden lang gedrückt gehalten werden. Erst danach lassen sich Eingaben vornehmen. Wozu sollte man eine Sperre wollen, könnten Sie sich jetzt fragen? Ohne Sperre, diese Option gibt es eben auch, kann bereits das kleinste Wischen über die Bar für ungewollte Eingaben sorgen. In der Praxis würden wir daher immer die Sperre nutzen.
Die aus unserer Sicht wichtigste Funktion fehlt der Touchbar der Canon EOS R (Technik
Aber noch einmal zurück zum Touchscreen, darauf hat Canon ein besonderes Augenmerk gelegt. Es funktioniert in allen Menüs, die Touchelemente sind in der Regel groß genug und grundsätzlich wurde die Steuerung intuitiv gelöst. Wer von einem Touchscreens nichts hält, wird mit der Canon EOS R (Farbwiedergabe)
Ansprechen sollte man bei der EOS R die Option „Wahlrad-Funktionseinstellungen“. Diese erlaubt das Anpassen verschiedener Parameter: Sensorempfindlichkeit, Auslösemodus, Autofokusmodus, Weißabgleich und Blitzbelichtungskorrektur. Wer sich daran gewöhnt hat, diese Funktion zu nutzen, kann auf einen Teil der aus unserer Sicht fehlenden Direktwahltasten besser verzichten. Weitere Parameter lassen sich über das Quickmenü der DSLM anpassen. Beim Hauptmenü folgt Canon dem seit vielen Jahren bekannten Design, ein "MY Menu" für wichtige Optionen gibt es natürlich auch.
Das Autofokussystem der Canon EOS R (Geschwindigkeit)
Apropos verfolgen: Abseits der automatischen Messfeldwahl mit Verfolgungs-AF wird für sich bewegende Motive der Servo-AF verwendet. Er erlaubt unter anderem die Konfiguration der AI-Servo-Reaktion, der Nachführgeschwindigkeit und der AF-Feld-Nachführung. Diese Optionen kennt man von Spiegelreflexkameras von Canon. Besitzer von DSLRs müssen allerdings auf das Peaking verzichten, das sich bei der EOS R zusätzlich im Sucher nutzen lässt. Beim manuellen fokussieren sind DSLM-User einfach im Vorteil.
Gut zu wissen: Canon gibt die Empfindlichkeit des AF-Systems der EOS R mit -6 EV an. Ein Wert, den bislang keine andere Kamera erreicht. Als Testobjektiv wird allerdings das sehr lichtstarke Canon RF 50mm F1.2L genannt. In unserem Praxistest konnte die Kamera auch bei sehr schlechten Lichtverhältnissen noch scharfstellen, die Fokussierungszeit verlängert sich dann aber zum Teil deutlich. Wer die Kamera mit einem Telekonverter kombiniert, soll laut Canon selbst bei F11 noch treffsicher scharfstellen können. Bei DSLRs ist spätestens bei F8 Schluss.
Als Verschluss kommt bei der Canon EOS R (Datenblatt)
Als Sucher setzt Canon auf ein OLED-Modell mit 3,69 Millionen Subpixel. Die Wiedergabequalität fällt sehr hoch aus, der Vergrößerungsfaktor von 0,76 sorgt für ein sehr großes Sucherbild. Auch Brillenträger können ihn gut einsehen. Der Sucher gehört zu den besten Modellen am Markt und ist sehr angenehm einzusehen. Ein Augensensor aktiviert den Sucher automatisch, sobald sich das Auge diesem nähert. Das Drücken einer Taste entfällt somit. Kommen wir zum Display und dessen Besonderheit: Eine dreh- sowie schwenkbare Konstruktion war bislang noch bei keiner spiegellosen Systemkamera mit einem Sensor in Vollformatgröße zu finden.
Videos kann die Canon EOS R (Beispielaufnahmen)
Bei der Videoaufnahme lassen sich zahlreiche Aufnahmeoptionen (manuelle Belichtung und Fokussierung, Weißabgleich, Bildstil, …) anpassen, der Tonpegel ist natürlich ebenso wählbar. Daneben kann man einen Timecode einstellen und das Bild auch über HDMI ausgeben. Letzteres funktioniert sogar in 10Bit.
Leider ist bei der EOS R aber nicht alles Gold was glänzt: Damit meinen wir vor allem den starken Crop bei 4K-Aufnahmen. Dieser entsteht, da die EOS R lediglich einen 3.840 x 2.160 Pixel großen Bereich des Sensors in der Bildmitte ausliest. Der Cropfaktor liegt daher bei rund 1,75, Weitwinkelaufnahmen sind lediglich mit einem Ultraweitwinkelojektiv möglich. Für Ultraweitwinkelvideos gibt es gar keine Optik – zumindest nicht regulär. Hier bleibt nur der „Trick“, zu EF-S-Objektiven zu greifen. Diese besitzen wesentlich kürzere Brennweiten. Für uns stellt die genannte Lösung aber keine wirklich gute dar, bei Fotos lässt sich dann schließlich nur noch im APS-C-Modus arbeiten. Der ständige Wechsel zwischen einem RF- /EF-Objektiv und einem EF-S-Objektive ist zumindest in der Praxis keine Lösung.
Die Bildqualität der 4K-Videos sagt uns immer zu, wenngleich andere Kameras noch etwas detailreichere Aufnahmen liefern. In Full-HD muss man keinen Crop hinnehmen, in HD auch nicht. Die Zeitlupen-Videos in HD wissen nicht wirklich zu gefallen. HD-Aufnahmen überzeugen heutzutage wohl keinen mehr. Pluspunkte sammelt die Kamera bei Videos durch ihren treffsicheren Dual Pixel CMOS-AF, die Anschlüsse für ein Mikrofon und einen Kopfhörer sowie den gut arbeitenden digitalen Bildstabilisator. Dieser sorgt allerdings nochmals für einen stärkeren Cropeffekt, sodass dessen Einsatz gut überlegt sein will. Ebenso nicht optimal: 4K-Videos lassen sich nur im Videomodus starten.
Thomas
Kniess
Kommentare