Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus
Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus
Viele Beiträge in Magazinen zu Kameras sind Testberichte. Und der Bedarf ist enorm, denn je mehr Modelle es gibt, desto unübersichtlicher wird das Angebot. Die internationale Produktion nimmt eine gegenteilige Entwicklung. Denn die Arbeitsteilung ist längst in die Hände nur weniger OEM-Hersteller übergegangen, die die ganze Welt beliefern. Im Auftrag von Markeninhabern wird auf Taiwan, in der Volksrepublik China oder in Singapur das vollständige Innenleben einer Kamera zusammengebaut. Zukünftig wohl auch in Vietnam. Aus den international verfügbaren Bauteilen aus Bildsensoren, Displays, kompletten Objektiven, elektronischen Bauteilen, Akkus bis zu den Rechten an bestimmten Softwareentwicklungen, z.B. der Gesichtserkennung, entstehen Digicams wie aus einem Lego-Baukasten.
Entscheidend für eine digitale Kamera ist die Abstimmung der Komponenten. Die Software ist die Schlüsseltechnologie. Diese Entwicklung einer eigenen Software geben die großen Marken nicht aus der Hand. Daraus resultieren ganz wesentlich die unterschiedlichen technischen Leistungen der Modelle. Denn Farbverhalten und exakt belichtete Fotos in möglichst jeder Situation, Gesichtserkennung und Geschwindigkeit, Menüaufbau und vorgegebene Programme sind jene Merkmale, die alle Käufer interessieren, und die den inneren Wert einer Digitalkamera bestimmen. Hinzu gekommen ist die Qualität von Videoaufzeichnungen.
Die Testlabore kommen untereinander immer wieder zu etwas abweichenden Ergebnissen. Das liegt nicht nur an den verschiedenen Messverfahren oder -protokollen, sondern auch daran welche Schwerpunkte eine Redaktion setzt. Dabei legt die Redaktion von www.dkamera.de großen Wert auf den praxisnahen Gebrauchswert. Überzogene Technik, wie dies beim Rennen um immer mehr Megapixel zu allgemeinen schlechteren Bildqualitäten führt, oder jene Menüs in denen sich Benutzer wie in einem Labyrinth verlieren können, oder Funktionen deren Gebrauch den Griff zum Handbuch nötig macht – all das kann nicht punkten und steht letztlich quer zu einem chicen Design oder einem großen Markennamen.
Deshalb kann und sollte man die Testberichte unterschiedlicher Magazine nicht wortwörtlich vergleichen.
Was aber geht: Die Tests aus einer Hand sind vergleichbar. Und wenn es um Digitalkameras geht - aber nicht nur - dann bietet www.dkamera.de auf den Testseiten vieles, das die Kaufentscheidung vereinfachen kann. Dabei lese ich selbst bei Kameratests fast nur noch die Zusammenfassungen mit den aufgezählten Stärken und Schwächen. Gelegentlich sehe ich zusätzlich die Testbilder an. Darin kann man jenes entdecken, das in Kommentaren nicht immer so deutlich heraus gestellt wird. Denn die Wünsche und Fragen sind viel zu unterschiedlich, als dass alles für alle gelten kann.
Sehen wir gemeinsam auf einige dieser Testbilder und interpretieren sie. Ich rufe hierzu neuere Modelle auf, die Canon Ixus 980 auf der Seite „Bildqualität“. In der Spalte rechts ist nun die Möglichkeit ein anderes Modell direkt daneben zu stellen, in unserem Vergleich die Sony Cyper-shot DSC-T77, die ich hier aufrufe. Man sollte zuerst noch einmal genauer über die Bilder hinsehen. Bei manchen Modell taucht dort als Bildformat nicht JPG, sondern RAW auf. Es sollte schon die selbe Einstellung sein, sonst vergleicht man Äpfel mit Birnen. „JPG“ sind in einer Kamera bearbeitete Bilder, „RAW“ wird erst in einer Bildbearbeitung ansehnlich. Auch die ISO-Zahlen müssen überein stimmen. Man beachte den Unterschied der Brennweiten, der bei der Canon mit 36 mm einen nicht so großen Bildwinkel erreicht, wie bei der Sony mit 28 mm.
Sobald man auf eines der kleinen Bilder klickt erscheint ein größeres Bild, das sich recht langsam aufbaut und noch vergrößert werden kann. Es ist die Ansicht des vollständigen Testbildes in der jeweils besten Kameraqualität. Man sieht einen festen Studioaufbau. Die Bilder in den Spalten sind also Ausschnitte dieser Szenerie. Dieser Aufbau - ebenso wie derjenige von anderen Testlaboren - sagt nichts darüber aus wie eine Kamera bei grellem Sonnenlicht arbeiten würde. Dazu und für die unterschiedlichen Entfernung und Zoom (richtiger: Bildwinkel) gibt es in den Tests die Seite mit den „Beispielaufnahmen“, die natürlich nicht standardisiert werden können, schon weil Tageslicht immer wieder anders ist. Also betrachten wir gemeinsam die Ausschnitte von oben nach unten.
Der braun unterlegte Text ist der Ausschnitt eines Dosendeckels, auf der linken Bildseite der Studioszene. Die beiden Ausschnitte nebeneinander zeigen uns etwas über die Randschärfe der Objektive, links die Canon Ixus 980, rechts die Sony Cyber-shot DSC-T77. Bei der Randschärfe ist der Unterschied auf gleichem Niveau. Was ich erkenne ist der Eindruck, das die Canon eine etwas weniger „nervöse“ Unschärfe hat, was für eine geringfügig bessere Schärfeleistung in diesem Bildbereich spricht oder für eine geringere Nachbearbeitung der Bildschärfe - wir werden sehen. Allerdings führt dieser Unterschied bei normalen Aufnahmen zu keinerlei sichtbar besseren Qualität, denn nur bei sehr großen Papierformaten von 30x40 cm oder größer wäre es erkennbar. Das zweite Bild ist ein Ausschnitt aus dem Malkasten. Hier geht es um die Farbwiedergabe. Die Sony bietet ein geringfügig helleres Grün bei beiden Farben, während die Farbwiedergabe von Grau identisch neutral ausfällt. Auch das Blau ist vergleichbar, vielleicht bei der Sony etwas kräftiger. Größere Farbabweichungen wären nicht so dramatisch, wie dies ein farbstichiges Grau wäre. Hier begegnen sich nun beide Kameras in Augenhöhe und bieten eine tadellose Leistung. Das nächste Motiv ist eine Uhr, schon näher zur Bildmitte gesetzt. Hieran lassen sich zwei Dinge gleichermaßen erkennen. Die Ziffern und der Namenszug auf dem Zifferblatt sind links geringfügig deutlicher erkennbar. Viel wichtiger ist der Unterschied bei den Lichtreflexen. Dies hat eine große Wirkung in Fotos, denn alle Spitzlichter, also die Glanzpunkte sollten in Fotos möglichst klein bleiben. Hier zeigt die Sony deutlich ausgefressenere Weißen. Sehen Sie die unterschiedlichen Lichtreflexe links neben der Krone und darüber den halbmondartigen Reflex auf der Lünette? Man kann festhalten: Die Sony kommt mit Überstrahlungen nicht so gut zurecht. In der praktischen Fotografie bedeutet es zum Beispiel, das ein sehr heller blauer Himmel eher an Farbe verliert und nach weiß kippt. Das nächste Bild gibt uns einen Eindruck von der Schärfeleistung in der Bildmitte am Beispiel des schwarz-weißen Schriftzuges. Am Wort „Dublin“ erkennen Sie die schärfere Abbildung der Canon. Am größeren Markennamen wird sichtbar, wie sehr der fehlenden Schärfe der Sony mit einer kamerainternen Nachbearbeitung nachgeholfen wird. Der Markenname wirkt scharf, an den Randbereichen der Buchstaben jedoch sehr unruhig. Bei den mittelgroßen Buchstaben „Coffee...“ kann die Software nichts mehr reißen - unscharf bleibt unscharf.
Diesen Eindruck bestätigt der Ausschnitt aus dem Siemensstern. In der Mitte läuft dieser bei der Sony in Moiré hinein, während die Canon erst später in allgemeiner Unschärfe versinkt und dabei keinerlei Strukturen zeigt. Man kann ebenso gut erkennen, das bei der Sony die Strahlen an den Rändern verstärkt sind, also von der Software nachgeschärft wurden. Obwohl ein Siemensstern mit der realen Fotografie wenig zu tun hat, lässt sich rückschliessen, dass die Canon alle feinen Strukturen besser wiedergeben kann. Doch daran sollte man sich nicht klammern, denn diese Tatsache für sich genommen ist noch kein entscheidender Vorteil im Vergleich der Modelle. Der Ausschnitt vom Pinsel zeigt auf den ersten Blick die Sony im Vorteil. Der Quast wird insgesamt kontrastreicher wiedergegeben. Doch das, so zeigt der genaue Blick, ist allein eine Wirkung der stärkeren Aufbereitung der Bilddaten in die Richtung einer höheren Nachschärfung. Sieht man auf die feinen Spitzen, dann erkannt man die bessere Abbildungsleistung der Canon. Doch das ist etwas für Pixelzähler. In der Praxis wird kein Unterschied sichtbar. Hier die bessere Schärfe der Canon und dort die stärkere Nachbearbeitung, die aber insgesamt immer noch zurückhaltend ist.
Am Feuerzeug sieht man wie die Kameras mit harten Kontrasten umgehen. Die linke Kante hat in beiden Bildern eine Farbverschiebung, was bei allen kleinen Bildsensoren besonders schnell geschieht. Bei der Sony ist dies deutlicher ausgeprägt als bei der Canon. Dafür punktet die Sony am Motiv, denn die stärkere Nachbearbeitung liefert nun einen optisch besseren Schärfeeindruck. Dass die durch eine Optik verloren gegangenen, kleinen Details mit einer Software nicht wieder hervor geholt werden können, zeigt die kleinere Einteilung des Zollstocks. Die feinsten Linien verschwimmen. An den bunten Büroklammern sieht man, dass die Sony alle Farben etwas bunter, kräftiger darstellt, ausgenommen die Farbe rot. Die Beschriftung gibt einen Eindruck davon, wie kleine, kontrastreiche Details ruhiger oder unruhiger wirken können. Bei diesem Bild würde ich mich für die Canon entscheiden, wenn mir ein Bildwinkel von 36 mm (umgerechnet auf Kleinbild) reichen würde. Die Canon wird bei allen Motiven außerhalb von scharfen Bildbereichen die weniger „nervösen“ Bildanteile liefern. Es bedeutet aber nicht, dass die Rauschminderung in einer Kamera diesen Eindruck nicht wieder zerstören kann. Deshalb sind die Aufnahmen mit realen Szenen, die Fotos der „Beispielaufnahmen“ so wichtig. Aber Sie können sich schon selbst ein Urteil bilden von dem, was zu sehen ist.
Der Vergleich der Testaufnahmen zeigt, welch ähnliche Leistungen beide Digitalkameras bieten. Für eine Kaufentscheidung müssen letztlich andere Kriterien herhalten. In unserem Vergleich bietet die Seite mit dem „Fazit“ den besseren Überblick, um über die Stärken und Schwächen eines Modells informiert zu sein.
Gastbeiträge enthalten die Meinung des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung von dkamera.de wieder.