Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus
Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus
Gegenlicht ist genau das Gegenteil von jenem Licht, das beim Fotografieren gewünscht ist. Trotzdem haben Gegenlichtaufnahmen ihren Reiz. Ein Sonnenuntergang ist eine Aufnahme mit Gegenlicht. Dabei wirkt die Sonne relativ schwach und kann fast immer von modernen Objektiven „eingefangen“ werden, ohne innere Reflektionen. Doch warum geht das nicht in der Mittagssonne bei wolkenlosem Himmel, am Strand oder im Gebirge, wo diese wunderbare Lichtstimmung entsteht, die zu unseren Urlaubsgefühlen beiträgt? Sehen wir uns die Situation genauer an, um zu verstehen, wie man sich das offensichtlich komplizierte Licht zunutze machen kann für bessere Aufnahmen.
Da ist einerseits jenes Licht, das von der Sonne kommend direkt auf das Objektiv fällt, die gesamte Konstruktion „blendet“. Es bedeutet, das Objektiv kann die Menge einfallendes Lichtes nicht bewältigen ohne dass sich das Streulicht, beginnend von der ersten Glasoberfläche an, innerhalb der gesamten Konstruktion verteilt. Blendenflecken werden im Bild sichtbar, jene hellen, mehr oder weniger deutlichen, eckigen bis runden, kleinen und manchmal aufgereihten Scheiben. Bei diesem Effekt wird sichtbar, dass das Sonnenlicht im Objektiv von den Glasoberflächen hin und her reflektiert wird, kurz, die Vergütung auf den Glasoberflächen ist mit der Menge des einfallenden Lichtes überfordert.
Denn dazu dient die Vergütung von Glasoberflächen: Einfallende Licht soll nicht reflektiert werden, sondern innerhalb des berechneten Strahlenganges auf den Bildsensor geleitet werden. Aber auch jedes von der Seite einfallende Licht soll keine störenden Reflektionen innerhalb einer Objektivkonstruktion erzeugen. Wo immer Streulicht in einem Objektiv auftritt, da wird der Kontrast gesenkt. Es bedeutet, Farben und Helligkeiten verlieren an Brillanz (Kontrast). Die Farben wirken ausgewaschen und es gibt keine richtigen Schwärzen im Bild. Ein solches Foto wirkt flau.
Andererseits gibt es und wird es immer das seitlich einfallende Licht geben. Gerade bei Vario-Objektiven mit ihren veränderbaren Bildwinkeln von weit bis eng – Weitwinkel bis Tele – lässt sich das seitliche Streulicht gar nicht vermeiden. Bei Licht unter einer Wolkendecke wirken die Vergütungen moderner Objektive dem problemlos entgegen. Der Anteil von Streulicht am Bild ist sehr gering und nicht störend wirken. Jedoch, je stärker Licht direkt auf ein Objektiv scheint, desto mehr wird der negative Einfluss des seitlichen Lichts erkennbar. Dagegen hilft schon, wenn die erste Linse einer Objektivkonstruktion tiefer innerhalb der Konstruktion liegt. So werden die seitlichen Lichtstrahlen von der gläsernen Oberfläche fern gehalten. Die 1935 von Alexander Smakula bei der Firma Carl Zeiss entwickelte Antireflektionsschicht machte moderne Objektive mit ihren vielen Glas/Luft-Schichten überhaupt erst möglich und sorgt heute für brillante Bilder. Die Mehrschichtvergütungen gibt es seit den Siebziger Jahren und sie werden fortwährend verbessert.
Das dritte ein Bild störende Licht, oder, wie wir nun wissen, das bei jedem starken Lichteinfall auftretende uns störende Licht, entsteht direkt auf der Oberfläche des Bildsensors. Diese reflektieren Licht weitaus stärker, als es ein Film je tat. Nun tauchen „Geisterbilder“ in Fotos verstärkt wieder auf, die noch in den Neunziger Jahren fast unbekannt waren. Das reflektierte Licht von den Bildsensor wird gegen das Objektiv zurück geworfen und führt zu sehr unterschiedlichen, fast gegenständlichen, aber einfarbigen Abbildungen auf den Fotos. Wie kann man die negativen Aufwirkungen des Gegenlichtes vermeiden oder zumindest so abschwächen, dass schönere Fotos entstehen?
Die einfachste Lösung: man versteckt die Sonne hinter einem Gegenstand oder einer Person. Spezielle Motivprogramme sorgen dann dafür das die Belichtung nur in der Bildmitte gemessen wird. Denn das Motiv würde bei dem umgebenden, strahlenden Licht ansonsten viel zu dunkel werden. Eine dermaßen auf diese extreme Lichtsituation eingestellte Belichtung hat leider zur Folge, das der blau strahlende Himmel und überhaupt alles um das Motiv herum viel zu hell wird. Manche Kamera schaltet bei einem Gegenlichtmotiv den Blitz hinzu. Damit wird der dunklere Bereich – unser Motiv – wieder aufgehellt und so an das Umgebungslicht etwas angepasst, so dass mit einer Belichtung alles besser erfasst wird. Zusätzliches Blitzen ist also eine mögliche Lösung. Doch können die Farben der beiden Lichtquellen dabei recht unterschiedlich wirken. Blitzlicht ist zum Vormittag und Nachmittag dem Sonnenlicht farblich am ähnlichsten. Morgens, Mittags und Abends werden die Unterschiede unschön erkennbar. Das im Vordergrund angeblitzte Motiv wirkt unschön bläulich angestrahlt und passt nun gar nicht zu den warmen Farben des Hintergrundes.
Eine andere Möglichkeit: ohne Blitzlicht kann ein nahe liegendes Motiv, zum Beispiel eine Person aufgehellt werden, durch eine vom Gegenlicht hell angestrahlte Fläche. Soll beispielsweise ein Gesicht am Strand im Gegenlicht fotografiert werden, so hilft es, wenn die Personen auf dem Sand sitzen. Der Sand reflektiert Sonnenlicht und das Gesicht wird heller. Das geht ebenso gut, wenn eine Person nah einer hell reflektierenden Wand steht und von daher zusätzlich angestrahlt (beleuchtet) ist. Die hellen Flecken im Bild lassen sich meist mit kleinen Korrekturen des Bildausschnitts vermeiden oder zumindest einschränken. Schon eine Gegenlichtaufnahme mit knapp außerhalb des Bildrandes stehender Sonne kann diese unschönen Phänomene erzeugen. Entweder man verändert den Bildausschnitt oder man holt die Sonne ins Bild, dann wird die Lichtsituation für alle verständlich, wenn auch mit den Einschränkungen für die Belichtung. Man kann auch ganz einfach vorgehen - und das hilft. Mit einer Hand werden die Sonnenstrahlen daran gehindert auf das Objektiv zu scheinen. Das Objektiv wird mit einer Hand abgeschattet. Bei Teleaufnahmen geht das leicht, bei Aufnahmen mit Weitwinkel wird die Hand im Bild stören. In einem Schatten stehend ist man das Problem eigentlich immer los.
Was sich bei Gegenlicht allerdings nie ändern lässt, ist, das man keine so farbenfrohen Bilder erhält, wie bei Aufnahmen mit der Sonne im Rücken. Denn irgendwoher muss das Licht ja kommen, um die Motive, zum Beispiel die einer Landschaft zu beleuchten. Bei Gegenlicht kommt das Licht von den aufhellenden Reflektionen aller im Bild und außerhalb befindlichen Objekten. Ein Haus im Gegenlicht erhält seine Beleuchtung von der umgebenden Erde, von anderen Häusern oder nahe stehenden Bäumen und natürlich vom Himmel, der ein anderes farbiges Licht hat als die Sonne. Alle Objekte tragen ihre Eigenfarbe bei und beleuchten sich gegenseitig. Das Durcheinander der verschiedenen Farben „verschmutzt“ die Motive und führt zu den meist bräunlich verwaschenen Farben. Bei direkter Sonne gibt es diese indirekte Beleuchtung ebenso. Sie hat allerdings weniger Anteil an der gesamten Lichtmenge, die von der Sonne dominiert wird. Es ist also vollkommen gleich ob man Makroaufnahmen im Gegenlicht machen möchte oder eine Landschaft ins Bild holt, irgendwoher muss das Licht kommen. Bei Makroaufnahmen mit Gegenlicht wird die Kleidung des Fotografen oder der Fotografin schnell zu einer zusätzlich das Licht reflektierenden Fläche. Ein grünes Hemd oder T-Shirt ist besonders ungünstig für die Farben eines Makromotivs.
Bei Aufnahmen im Gegenlicht haben wir die möglichen Überstrahlungen des Objektivs durch die Sonne zu beachten und die Veränderungen aller Farben durch das nicht Einbeziehen der direkten Beleuchtung vom Sonnenlicht. Von Gegenlicht spricht man auch dann, wenn eine leichte Wolkendecke existiert, denn die Situation wird nun abgemildert, verschwindet aber nicht gänzlich.
Gastbeiträge enthalten die Meinung des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung von dkamera.de wieder.
Hallo Adrian, ein sehr schöner, …
Hallo Adrian,
ein sehr schöner, informativer Beitrag. Gerade im Bereich Gegenlicht- und Sonnenaufnahmen lese ich gelegentlich, dass das Foto im Endergebnis keine 100%ig weiße d.h. transparente Stelle haben soll.
Nachvollziehbare Begründungen hierfür fand bislang nicht und ich denke, wenn die betreffende Fläche proportional zu Gesamtfläche des Fotos nicht all zu groß ist, kann dies durchaus ein Gestaltungsmittel sein (?).
Ach ja: Zum Thema passend - hier habe ich einmal mit Sonne & Licht gespielt:
http://www.digitalpilot.de/Themen/Sonnenspielereien/index.html
Viele Grüße,
Matthias
Hallo Matthias. Die Bildauswahl zeigt …
Hallo Matthias.
Die Bildauswahl zeigt mehrere Dinge. Während Bild 28 verdeutlicht wie die Farben des Gesteins, nur schlecht aufgehellt, zugleich in einer fast unbunte Farbigkeit erscheinen, prägt in Bild 24 die für Bildsensoren sehr typische Farbigkeit das Motiv. Die vom Gegenlicht eigentlich leicht durchscheinende Frucht - an der eine Stelle an der die Sonne die Frucht trifft - verschwindet diese feine Differenzierung im sogenannten "Überlauf" des roten Farbkanals. Alles ist einfach satt rot, während die Farbe grün, trotz doppelter Einzelsensoren (1xrot, 2xgrün, 1xblau) die Farbigkeit des Gegenlichts und schon eher unterbelichtet zeigt.
Es hat im Zeitalter des Digitalen weiterhin seine Gültigkeit: Die Sonne im Rücken erzeugt die kräftigsten, saubersten Farben.
Hallo Matthias. Mit den Bildern …
Hallo Matthias.
Mit den Bildern hast Du eine schöne Sammlung erarbeitet, wahrscheinlich mit fleißigem experimentieren zur Technik und die Gestaltung. Das ist alles gut anzusehen und kann inspirieren.
Hallo Adrian, zunächst ein "Danke", …
Hallo Adrian,
zunächst ein "Danke", dass du einmal in die Galerie reingeschaut hast :-)
Zu Bild 28: Stimmt, hier hätte ich den Blitz nutzen können/sollen, um mehr Details in den Vordergrund zu bekommen....
zu Bild 24: Das ist wohl ein Problem vieler Digicams (nicht nur meiner Sony R1), dass pure Rottöne zu satt rüberkommen. Das ist mir auch schon bei anderen Motiven (Rosen etc.) aufgefallen.
Ich habe mir vorgenommen - um das einmal abzutesten - solche "heiklen" Motive künftig im RAW-Mode aufzunehmen...
Viele Grüße,
Matthias
Hallo Matthias. Mit der Farbe …
Hallo Matthias.
Mit der Farbe Rot kommt keine digitale Kamera wirklich zurecht. Eine R1 ist schon eine andere Klasse als eine kleine Digicam, wegen des Bildsensors im relativ großen APS-C-Format. Bei der RAW-Bearbeitung findet man im Rot-Kanal zumeist mehr Informationen. Doch das kann eine schwierige Einarbeitungszeit werden.
Zu den weißen Bildteilen: Diese Stellen sollten möglichst klein bleiben, eben nicht mehr denn Spitzlichter (kleine Reflexe). Je größer eine weiße Fläche wird desto grafischer wirkt diese, passt weniger zu einem Foto.
Hallo Adrian, ich weiß, was …
Hallo Adrian,
ich weiß, was ich an meiner Sony R1 habe (kenne aber auch den Unterschied zu einem Vollbildsensor) und bedauere, dass Sony hier keine Weiterentwicklung betrieben hat. Über Gründe kann man nur spekulieren...
"Digicams und die Farbe Rot" wäre doch auch einmal ein interessantes Thema... :-)
Ich werde auf jeden Fall am Thema dran bleiben, und z.B. mal richtig rote Rosen und ähnliches ablichten - mit JPG *und* RAW - und ich bin selbst gespannt, was dabei heraus kommt.
Einen feurig-roten Gruß hierlass'
http://www.digitalpilot.de/Orte%20und%20Sehenswuerdigkeiten/Chemnitz/Rund%20um%20den%20Schlossteich/slides/DSC07642.html
Matthias