Die schönsten Bilder

Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Gastbeitrag
Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Am Sonntag geschah etwas, das wohl jeder Fotograf irgendwann erleben kann. Eine gute Stunde experimentierte ich mit dem Licht herum, um eine dunkle Wolkendecke und einen vermeintlich nicht beeinflussbaren Kamerablitz gemeinsam zu nutzen. Schließlich war eine gute Ausbeute von Fotos im „Kasten“ und ich machte mich auf den Rückweg. Die Vorfreude darauf, was mein Monitor für Ergebnisse zeigen würde, war entsprechend. Vielleicht ein neuer Beitrag für meine Homepage?

Mitten in Gedanken sah ich, wie ein Baum vom Licht erstrahlte. Zwischen anderen stehend, wurde er von einem engen Lichtstrahl heraus gehoben aus dem umgebenden, recht matten Grün. Als wenn dies nicht schon reichen würde, war er der einzige Baum, dessen große Blätter bereits ein tief rotes Blattwerk zeigte. Diese Blätter hoben sich zusätzlich leuchtend ab von der dunklen, grauen Wolkendecke.

Angesichts einer solchen Situation muss wohl kein fotografierenden Zeitgenosse überlegen. Die Kameratasche auf den Boden gesetzt, die Kamera in die Hand genommen und dabei überlegt, welche Kontraste entscheidend sind für eine geeignete Lichtmessung, blickte ich durch den Sucher.

Doch darin sah das Bild ganz anders aus. Das leuchtende Blattwerk wirkte dunkel und matt. Vom lichtbeschienenen Baum war nichts zu erkennen. Einfach alles wirkte nur dunkel. Verblüfft ließ ich Kamera sinken und sah auf meine Einstellungen. War etwas falsch? War die Arbeitsblende eingestellt? Wieder nahm ich die Kamera vor das Auge. Es blieb dunkel. Was war denn jetzt los? Ein Defekt? Völlig irritiert blickte ich auf „meinen“ Baum. Das Motiv hatte sich vollkommen verwandelt. Das Blattwerk mattfarben dunkel, war alles leuchtende Rot einfach verschwunden. Kaum hob die Farbe der Blätter sich von den umgebenden Bäume ab. Abschätzend sah ich in die Wolken.

Die Wolkendecke war wieder geschlossen. Ich hatte meinen Moment verpasst. Noch dunklere Wolken zogen heran. Möglicherweise würde es schon bald regnen. Also machte ich mich auf den Weg nach Hause. Abgesehen von dem einen, verpassten Augenblick hatte ich eine Reihe spannender Fotos und war ganz zufrieden. Nach nur wenigen Minuten riss die Wolkendecke wiederum auf. Irritiert sah ich helle Lichtflecken in der Landschaft und blickte auf. Sollte ich noch mal zurück zu „meinem“ Baum? Jetzt erschien mir die verpasste Gelegenheit wie eine Niederlage. Ich hatte meine Haltung verändert. Was als ein nachmittägliches Experimentieren begonnen hatte, war nun urplötzlich zu einer Bilderjagd geworden. Nur zu gerne hätte ich diesen einen Baum in seinem einzelnen Lichtstrahl doch noch fotografiert.

Wie jeder andere weiß ich, die Naturfotografie ist eine Geduldsfrage. Man muss fast unendlich viel Zeit mitbringen, um ein bestimmtes Motiv mit dem richtigen oder einem ungewöhnlichen Licht ablichten zu können. Man muss zur richtigen Zeit am rechten Ort sein. Leider sagt einem niemand, wann das ist und wo für ein bestimmtes Licht der beste Standort ist.

Als Fotograf muss man seine Motive kennen. Man muss erleben, wie die vertrauten Objekte in den Jahreszeiten unter den verschiedensten Lichtbedingungen erscheinen können. Dann erst kann man am richtigen Ort stehend auf den entscheidenden Moment vorbereitet sein. Alles andere ist nur Zufall. Soll es keiner bleiben, dann werde ich mich in den nächsten Tagen nachmittags, bei wechselnden Licht, im Park aufhalten müssen, an „meinem“ Baum. Dann klappt es vielleicht mit der Aufnahme. Aber wahrscheinlich muss ich Jahre auf eine neue Gelegenheit warten. Und wenn denn alles zusammen passt, also tatsächlich eine weitere Gelegenheit entsteht, um das bereits gesehene Bild in einem Foto fest zu halten, dann bleibt eine Frage: wird jenes Bild, das ich vor Augen gesehen habe mit demjenigen überein stimmen, dass sich schaffen lässt?

Es wird wohl so sein: die schönsten Bilder habe ich in meinem Kopf. Nachträglich werden die meisten mir nie gelingen. Doch das eine oder andere Bild, das möchte ich irgendwann realisieren. Jenes sind die Bildideen, die ich herumtrage. Aus den vielen ungeschaffenen Bildern schöpft meine Kreativität. So ist auch jenes Bild vom Sonntag nicht verloren, obwohl es wahrscheinlich nie entstehen wird.

Was bleibt ist das Bild von leuchtend rotem Blattwerk zwischen dunklem Grün. Wie der Eindruck umgesetzt wird, davon habe ich jetzt keine Vorstellung. Aber ich weiß, was möglich ist. Wie gesagt: Die schönsten Bilder sind in meinem Kopf.

Gastbeiträge enthalten die Meinung des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung von dkamera.de wieder.

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da gebe ich markus recht. …

da gebe ich markus recht. wer einigermass was kann, der ist auch in der Lage mit einer schlechten Digitalkamera recht gute fotos zu machen. Zur Not kann man das auch dann noch mit Photoshop nachbearbeiten

Da kann ich nur sagen: …

Da kann ich nur sagen: Nicht immer soviel überlegen! Wenn man einigermaßen erfahren ist, wird man den richtigen Bildausschnitt und Stimmung instinktiv einfangen, ohne dabei groß über Bildkomposition nachdenken zu müssen. Leider regiert heute das "Rule of Thirds" so stark, dass man sich ja gar nicht mehr traut die Ansicht zu wählen, die einfach GUT aussieht, ohne zwingend dem Goldenen Schnitt zu gehorchen (und es dann doch tut).

Gegen technische Fehler helfen uns ja heute glücklicherweise Belichtungsreihen und RAW. RAW sollte überhaupt das einzige Format sein, das man als DSLR-Besitzer nutzt - es hat einfach sooooo viele Vorteile!

Markus
Mein Blog: http://www.markus-dollinger.de

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