Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Mal wieder hat ein neuer Fotokurs begonnen. Und nach der regulären Doppelstunde, beieinander im Gespräch, stellte sich wiederum die Frage, wo die digitale Fototechnik jetzt stehe. Dahinter steht eigentlich eine ganz andere Frage. Ist jetzt ein Endpunkt gesetzt, oder kommt noch etwas ganz anderes? Angesichts der fototechnischen Entwicklung ist dies eine durchaus berechtigte Frage.

Wenn man die Entwicklung des chemischen mit jener der digitalen Fotografie vergleicht, dann möchte ich meinen, dass wir mit Entwicklung und den Möglichkeiten etwa von 1890 vergleichbar liegen. Meine Begründung: Die grundlegende Entwicklung der digitalen Fototechnik ist gemacht. Allerdings ist die Fortentwicklung der jetzigen Möglichkeiten von einem Endpunkt noch weit entfernt. Sowohl bei der Aufzeichnung der Bilder (Fotos) als auch bei der Bildbearbeitung in der Kamera, wie auch jener mit einer Software auf dem Computer, ist noch nichts an einem vorläufigen Ende angekommen.

Für die Bildaufzeichnung wird auch im nächsten Jahrzehnt ein digitaler Bildsensor jetzigen Konzeptes genutzt, um Standbilder zu erzeugen. Die Alternative, das holografische Verfahren, ist noch lange nicht alltagstauglich. Es ist zu teuer und zu kompliziert. Zwar geht die Entwicklung weitaus schneller voran als dies noch im 19. oder 20. Jahrhunderts der Fall war, doch „Revolutionen“ finden nur in der Werbung statt. Es sieht so aus, als stünden wir mittendrin in einer fortwährender Weiterentwicklung, die allerdings keine wirklichen Überraschungen bietet.

So wie um etwa 1890 die wichtigsten zukünftigen Schritte für die Fototechnik sich ankündigten, so stehen wir auch heute vor einigen spannenden Entwicklungen, die in der Fototechnik massentauglich werden. Ebenso wie sich vor rund 110 Jahren der Übergang von den unpraktischen Glasplatten zum Gebrauch des Films ankündigte, so werden auch wir erleben wie standardisierte Bildsensoren in Größe und Technik für bestimmte Anwendungen üblich sind. Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob man nun mit CCD, CMOS, NMOS, Foveon oder mit einem anderen zukünftigen Silizium-Chip aufzeichnen wird. Grundsätzlich liegt darin kein wesentlicher technischer Unterschied.

Die Grenzen der bisherigen Objektive von bis zu 16 Linsen führt zu Abbildungsproblemen, die eine Grenze setzen in der Fotopraxis, zugleich zu unhandlich, wie auch zu teuer sind. In nicht einmal zehn Jahren werden wir erleben, dass die Optiken aus Glas jenen mit flexiblen Oberflächen weichen werden. Die Grundlagen der gegenwärtigen Objektive sind „uralt". Das erste sechslinsige Objektiv wurde bereits 1896 gerechnet, eine Optik namens „Planar". Nur bauen konnte man es nicht, da für die vielen Linsenoberflächen eine unbedingt notwendige Vergütung noch unbekannt war.

Aus sozialer Sicht: Die so genannten klassischen Themen haben sich in der Fotografie nicht geändert. Ob Personen, Gebäude, Reportage oder ganz private Anlässe, ob Krieg, Landschaft, Natur, Wissenschaft oder gar sexuell geprägte Sujets, nichts wurde seither notwendigerweise neu hinzu gefügt. Allerdings hat sich seit 1890 die Anwendung der Fotografie völlig verändert. Die Möglichkeit statt nach Fotos abgezeichnete Druckplatten herzustellen, also Handzeichnungen im Zeitungs- und Zeitschriftendruck zu verwenden, wurden die gerasterten Fotodrucke massenhaft-alltäglich und prägen nun unsere Vorstellung von der Welt. Auch heute stehen wir wohl erst am Beginn einer vernetzten Technik mit noch unbekannten Möglichkeiten, die der Fotografie neue Verbreitungsformen bieten wird.

Was allerdings als sicher gelten kann: Standbilder und bewegte Bilder werden weniger voneinander getrennt sein. Bewegte Bilder sind auch heute nichts anderes als eine schnelle Abfolge von Standbildern. Animierte Standbilder stehen von der Tür. Schon heute existieren jene Verfahren, die bei bewegten Bildern lediglich jene Teile neu darstellen, die sich im Vergleich zum voran gegangenen Bild verändert haben.

Gastbeiträge enthalten die Meinung des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung von dkamera.de wieder.