Von der bösen, bösen Automatik

Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Gastbeitrag
Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Fotografie ist ein weit verbreitetes Hobby. Also kennt eigentlich jeder einen engagierten Hobbyisten. Man erkennt diese auch daran, wie selbstbewusst sie ihre Bilder vorzeigen. Und so manches Sehenswerte ist darunter. Vor allem erkennt man diese aufgeschlossene Spezies, wenn größere Formate zu sehen sind. Dann ahnt man, wie sehr diese Hobbyisten die eigenen Bilder Wert schätzen. Wer bei einer Präsentation anfängt geschmäcklerisch zu nörgeln, provoziert genervte Gegenreden und zerdeppert so manches Porzellan. Doch die meisten respektieren die Bilder und möchten schon wissen, wie diese Fotos entstanden. Vielleicht kann man sich etwas abgucken. Die übliche Frage: Mit welcher Kameras hast du das gemacht? Die übliche Antwort: Die Kamera ist nicht so wichtig. Ich drucke meine Bilder selbst. Und dann kommt es, so als Nachsatz, aber mit starke Betonung: Ich bearbeite meine Bilder in einer Bildbearbeitung.

In der folgenden, respektvollen Pause überlegt man als „einfacher“ Knipser, ob man eine Bildbearbeitung wirklich braucht. Und man fragt danach. Wer schöne Bilder vorweisen kann, dem oder der traut man zu Bescheid zu wissen: Welche Bildbearbeitung? Wie schnell kann man das erlernen? Braucht man einen besonderen Drucker? Und und und...

Was bei einem solchen Gespräch leider immer wieder herauskommt: selbstverliebt in die eigene Schaffenskraft rücken recht viele Hobbyisten die Automatiken in den Bereich wertlosen Plunders. Das ist Übertreibung. Hier wird sprichwörtlich „das Kind mit dem Bade ausgeschüttet“. Es erinnert doch sehr daran, wie schon das Fotografieren in JPEG verteufelt wird, um auf RAW hinzuweisen. Welchen Wert haben Automatiken also?

In der Praxis ist es sehr selten, dass irgend jemand ohne zumindest eine einzelne Automatik fotografiert. Deren gibt es recht viele. Mittlerweile werden automatisch eingestellt: Entfernung, Blende, Belichtungszeit, Blitzlicht, ISO-Wert (die Signalverstärkung), die Reaktion einer Kameratechnik auf Gesichter, die Gefahr der Verwacklung und – gerne vergessen – die Farbe des Lichtes. Also, irgendeine Automatik ist wohl immer an.

Ebenso verhält es sich beim Ausdrucken der Fotos. Denn wer direkt aus der Kamera druckt, der oder die lässt die Fotos von einer Automatik in ein druckbares Bildformat wandeln, das ist z.B. JPEG. Die Kamera überträgt dieses Bildformat an einen Drucker. Daraus macht die Elektronik des Gerätes eine Druck-Datei, d.h. die Bilddaten werden in Druckfarben und Druckpunkte zerlegt und auf das zu druckende Papierformat reduziert. Kein Mensch kann das alles selber machen. Es gibt nur wenige Fachleute, das sind gelernte Drucker, die die Schwarzweißbilder einer Farbseparation beurteilen können.

Automatiken sind sehr hilfreich. Sie treffen vielfach die richtigen „Entscheidungen“. Bei einer Bildbearbeitung, es gibt viele einfache wie nützliche Programme, kann man grundlegende Entscheidung selbst treffen. Auf Knopfdruck lassen sich Bilder aufhellen oder verdunkeln oder nur die Schatten aufhellen. Und das ist schon die wichtigste Entscheidung, die sie treffen können. Fast genauso wichtig für den bedeutsamen, ersten Eindruck ist die Eigenschaft der Farbe. Aber nur fast, denn man kann bei einer manuellen Korrektur der Bildfarben ebenso viel falsch wie richtig machen. In JPEG ist die „Beziehung“ der Farben zueinander bereits festgelegt. Wer eine einzige Farbe verändert, verändert das ganze Bild - u.a. hier ist das RAW-Format nutzbringend.

Bei der Fotografie kann man ohne Automatiken eigentlich nicht auskommen. Wer wartet im Urlaub bei einem Gruppenfoto darauf, dass der Fotograf oder die Fotografin mehrere Minuten lang eine Kamera einstellt bevor es Klick macht? Wer möchte bei 200 Urlaubsbildern jedes einzelne Foto von Hand etwa 2 bis 10 Minuten bearbeiten? Zumeist reicht es den Kontrast ein wenig zu verändern und den Ausschnitt zu korrigieren. Allerdings, eine Sache wird immer unterschätzt: viele, viele Bilder zeigen die Motive schief. Das wertet diese Fotos ganz erheblich ab. Wer bei der Aufnahme einige Sekunden an Zeit dafür übrig hat, kann die Wirkung von Fotos erheblich verbessern, wenn die Abbildungen gerade stehen. Hier gilt: kleine Ursache, große Wirkung. Doch auch hierbei gibt es eine Ausnahme. Wenn schon schief dann richtig schief. So kann ein Betrachter alle Bilder danach beurteilen, ob Absicht oder Missgeschick die Gestaltung bestimmt hat. Das lässt sich nachträglich meist besser ins Bild rücken. Denn dann hat man viel mehr Zeit zum Experimentieren. Die Korrektur schiefer Bilder ist in Sekunden gemacht. Eine Automatik gegen schiefe Bilder ist eben noch nicht erfunden.

Und was sollte man ausprobieren? Während einer einfachen Bildbearbeitung haben Sie die Gelegenheit die verschiedenen Automatiken der Software, die sogenannten Optimierungen, auszuprobieren und dabei festzustellen, was Sinn macht. Bei einer Bildbearbeitung sind es die kleinen Schritte, die ein Foto verbessern können. Hier gilt, weniger ist häufig mehr.

Zum Schluss bleibt übrig: Vielfach sind Automatiken besser als die Handarbeit. Wer alles manuell macht, kann alles falsch machen. Das ist der Vorteil von Automatiken: Sie liegen selten gänzlich daneben. Was Automatiken gar nicht können: Wie die Motive ins Bild gesetzt werden. Das bleibt auch in Zukunft allein die Entscheidung des Fotografen oder der Fotografin.

Gastbeiträge enthalten die Meinung des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung von dkamera.de wieder.

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