Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus
Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus
"Aber hallo?", werden sich einige nach Teil 1 fragen, wo sind denn die Fotobücher hin, die für Fotografen und Fotografinnen interessant sein können? Nun, sie sind ausgestorben, werden einige vermuten. Nein, sie sind zu teuer, werden andere dagegenhalten.
Fotobücher kommen nicht unter dem Namen "Foto" daher. Sie erscheinen als Bücher über Reisen, Landschaften, Tiere, Ausstellungen und Bücher für Sammler von Uhren, um einige Themen zu nennen. Tatsächlich braucht es die klassischen Fotobücher ebenso wenig, wie es die Bildbände mit dem Schwerpunkt "Fotografie" geben muss. Alles ist Foto und Druck. Die Bildbände über Malerei oder Skulpturen sind letztlich auch nur gedruckte Fotos. Weil Fotografie so allgegenwärtig ist, wird diese im Alltag unsichtbar.
Doch was ist mit jenen Büchern, aus denen und von denen man lernen kann? Damit tut sich die Fotografie derzeit schwer. Denn zur Zeit hängt alles an der Technik und an den Medien. Quasi jede digitale Kamera ist von Modell zu Modell unterschiedlich. Jedoch nur in wirklich geringstem Maße. Denn jene individuellen Merkmale, die eine nasse Filmentwicklung von der anderen unterschied ist verschwunden, normiert und digitalisiert. Wer nicht selbst Hand anlegt erhält 08/15, allerdings hochwertig und überall. Es sind also die wenigen Einzelthemen, die die technischen Aspekte betonen, an denen zu lernen ist. Jene Bücher über Makrofotografie, über Astronomie, Ausdrucken, Elektronische Bildbearbeitung (EBB) oder die Bildverabeitung (das ist die Konvertierung per Stapelverarbeitung oder die Bildverwaltung auf der Festplatte, kurz EBV) und Themen wie Schwarz-Weiß oder Infrarotaufnahmen.
Die Bildgestaltung unterliegt in unseren Tagen einem enormen Wandel. Lehrbücher zur Bildgestaltung aus den 80er oder 90er Jahren haben mit der aktuellen Bildgestaltung schon gar nichts mehr zu tun. Treibend ist hier die mediale Wirkung der Videokunst. Videoclips bestimmen mit ihren technischen Möglichkeiten und dem ästhetischen Empfinden schnell und nah am fast beliebigen Objekt klebend den unmittelbaren Stil des vergänglich gegenwärtigen. Fotografie ist der Aufmerksamkeit entsprechend abgehängt. Den laufenden Bildern gehört die Aufmerksamkeit und der Massenmarkt. Schon darum "lohnen" sich Bücher über fotografische Gestaltungslehre einfach nicht. Wer schnell mal hier und dort knipst, bewegt sich zumeist im Stil der derzeitigen Videokunst. Explizit Handys verdeutlichen dies mit jedem Foto.
Wer ein Bild betrachtet und bereit ist sich von diesem mitnehmen zu lassen, wer die Zeit für den Moment der Betrachtung anhält, wird selbst zu etwas besonderem. Und für diese Individualisten kann es keine zeitgemäßen Bücher zur Bildgestaltung geben. Individualisten, und das werden bildschaffende Fotografen und Fotografinnen schon bald sein, erschaffen sich selbst ihre Bücher. Und darin liegt eine enorme Stärke und die bleibende Bedeutung für die Zukunft.
Um aber zu verstehen woher die Bildsprache des Still-Sehens kommt, muss man viele Bilder und viele alte Fotobücher oder Bildbände sehen. Alfred Sander war und ist mit seinem fotografischen Realismus sicherlich einer der wichtigsten Fotografen für die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft. Von ihm kann man lernen. Wer mehr das ausgestaltete Foto bevorzugt, für Anregungen des eigenen Schaffens, ist mit Horst bestens bedient. Wer die "reine Lehre" bevorzugt, der wird bei den Fotografen des Bauhauses wichtige Anregungen finden. Bei wem es prickeln soll und wer erleben möchte, wie Fotos zu sich bewegenden Bildern werden, wird bei einem Gegenwartsfotografen wie Davide Armando und seinen "Body Bildern" seinen Augen nicht trauen. Und bei wem das Zusammenwirken von Licht und Gestaltung das wichtigste Thema ist, sollte die Bilder von Reinhart Wolf genauer betrachten. Sie alle geben auch den Eignern von Kompaktkameras genügend Anregungen für die zukünftig zu schaffenden Bilder.
Gastbeiträge enthalten die Meinung des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung von dkamera.de wieder.
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