Noch in der Verpackung macht die Ricoh GXR einen komischen Eindruck. Sowohl das Kameragehäuse, als auch das Kameramodul sind einzeln verpackt. Dementsprechend habe ich beim auspacken zunächst eine scheinbar halbfertige Kamera in der Hand. Die rechte Seite, mit Griff, Akkufach und Bedienknöpfe erscheint vollständig, die linke Seite hingegen besteht im Grunde nur aus dem dünnen Display. Erst wenn das Kameramodul, also die Kombination aus Objektiv, Sensor und Bildprozessor, angesetzt wird, hält man eine vollständige Kamera in der Hand. Diese wirkt dann aber trotz der Modulbauweise wie aus einem Guss, die beiden Komponenten sitzen straff und ohne Spiel. Die Kombination hinterlässt einen wertigen Eindruck. Dies liegt sowohl an der solide wirkenden Metalloberfläche und dem angenehmen Kunstleder am Kameragriff, als auch an der guten Verarbeitung der einzelnen Bestandteile. Lediglich der ausklappende Blitz mit seinem Kunststoffgehäuse fällt da aus dem Rahmen, auch wenn er mir nur weniger gut verarbeitet, keineswegs aber unbrauchbar erscheint.
Auf der Vorderseite der Ricoh GXR befinden sich an Bedienelementen lediglich der Entriegelungshebel für das Aufnahmemodul, direkt neben dem grünen Autofokus-Hilfslicht. Letzteres besitzt eine hohe Reichweite und beschleunigt den Fokusprozess bei schlechtem Licht spürbar, ist allerdings auf Grund der Parallaxe im Nahbereich nicht brauchbar. Auf der Kameraoberseite befindet sich der Auslöser, das Moduswählrad inklusive dem Entriegelungsknopf sowie der Ein-/Aus-Schalter. Der Auslöser ist als einzelner Knopf herausgearbeitet und besitzt einen guten, doppelten Druckpunkt. Ein versehentliches Auslösen wird dabei effektiv verhindert, trotzdem ist ein feinfühliges, punktgenaues Arbeiten möglich. Vor dem Auslöser sitzt das Wählrad, mit dem die Haupteinstellung je nach gewähltem Programm getroffen wird. Dieses Bedienkonzept ist von vielen Spiegelreflexkameras und gehobeneren Kompaktkameras bereits bekannt. Im Modus Zeitautomatik wird dieses Wahlrad beispielsweise dafür benutzt, die Blende vorzugeben. Entsprechende Einstellungen erfolgen auch in den anderen Modi. Das letzte Bedienelement auf der Kameraoberseite ist das Moduswählrad. Dieses zeigt recht deutlich, welche Zielgruppen von dem Kamerasystem angesprochen werden sollen. Zwar gibt es auch einen Vollautomatikmodus, der die ersten Schritte deutlich vereinfacht, und natürlich einen Szenemodus, dieser ist aber je nach angeschlossenem Aufnahmemodul zum Teil recht stark eingeschränkt. Wie schon beim Ricoh GXR A12 Aufnahmemodul befinden sich dort auch beim Ricoh GXR S10 Aufnahmemodul lediglich wenige Standardmodi wie Portrait oder Landschaft. Auch der Filmmodus ist dort untergebracht. Die restlichen Programme auf dem Moduswahlrad sind aber eindeutig an engagiertere Amateure sowie professionelle Fotografen gerichtet. So gibt es neben dem klassischen Quartett bestehend aus Programmautomatik, Blendenautomatik, Zeitautomatik und manuellem Modus auch noch drei Punkte für eigene Voreinstellungen, die sehr leicht und einfach wieder aufgegriffen werden können. Um das Moduswahlrad zu verstellen, ist es notwendig, den Entriegelungsknopf zu drücken. Dies ist besonders am Anfang, wenn man besonders viel ausprobiert, recht nervig. Sobald man aber mit der Kamera vertraut ist, lernt man diese zusätzliche Sicherheit zu schätzen. Denn allzuleicht passiert es bei anderen Kameras, dass dieses Wahlrad verstellt wird und somit im entscheidenden Augenblick Zeit verloren geht.
Auf der Kamerarückseite befinden sich eine Vielzahl an direkten Einstellmöglichkeiten. Direkt über dem sehr gut auflösenden Display befinden sich drei Einstellknöpfe. Der Direct-Knopf ermöglicht den Zugriff auf das Direkt-Menü, eine Bedienoberfläche, die wesentliche Kameraeinstellungen umfasst und diese somit schnell verstellbar aufruft. So lassen sich ohne Griff ins Menü, und ohne Nutzung der frei Programmierbaren tasten Beispielsweise die Belichtungsmessung, die Fokusmessung oder der Weißabgleich regeln. Rechts neben der Direct-Taste liegt die Blitztaste, die den eingebauten Blitz automatisch entriegelt, so dass dieser nach oben ausklappen kann. Dies aktiviert auch gleichzeitig den Blitzmodus der Kamera. Nach Benutzung kann der Blitz mechanisch wieder in seine Ursprungsposition zurückgefahren werden. Direkt neben der Blitztaste befindet sich der Umschaltknopf Display/elektronischer Sucher. Dieser ist immer aktiv und schaltet somit nicht nur bei angebrachtem Sucher zwischen der Darstellung um, sondern dient gleichzeitig auch als Aus-Schalter für das große Display, wenn der elektronische Sucher nicht angeschlossen ist. Der Sucher VF-2 ist als Zubehör erhältlich und wird auf den auf der Oberseite zwischen Blitz und Auslöser befindlichen Blitzschuh gesteckt. Die Steckverbindung befindet sich an der Kamerarückseite unterhalb des Blitzschuhs und sichert die Datenübertragung von der Kamera auf das Sucherdisplay. Im Einsatz hat diese Lösung gegenüber einer integrierten Bauweise sowohl vor-, als auch Nachteile. Die beiden großen Vorteile sind sicherlich die durch die externe Unterbringung ermöglichte, kompakte Bauweise sofern der Sucher nicht aufgesteckt ist, sowie die Verstellbarkeit des Suchers. Der große Nachteil dieser externen Lösung ist sicherlich die Anfälligkeit des Systems. Der Sucher ist eine Art Störfaktor, und dies besonders, wenn die Kamera in engeren Taschen getragen wird. Auch die Qualität des Suchers war, vergleicht man diese etwa mit den neuesten elektronischen Suchern der Olympus PEN E-P2 und der integrierten Panasonic-Lösung der Lumix DMC-G(H)1, wenig überzeugend. Nur gegen den noch schlechteren Sucher der Panasonic Lumix DMC-GF1 konnte sich der VF-2 der Ricoh GRX durchsetzen. Bei meinem Test hatte ich den elektronischen Sucher oft dabei, allerdings selten genutzt. Selbst bei hellem Tageslicht war das hintere Display meist noch ausreichend, um in jeder Position Bilder zu machen. Bei einigen wenigen Aufnahmen hingegen erwies sich der Sucher aufgrund der Klappbarkeit als Segen, ermöglichte diese doch ein sehr unauffälliges Fotografieren. Für die meisten Nutzer dürfte der VF-2 daher aber verzichtbar sein.
Rechts vom Display befinden sich die übrigen Bedienelemente. Direkt unterhalb des Ein-/Aus-Schalters liegt der Adjustment-Schalter, der nicht nur die Bewegung nach links und rechts ermöglicht, sondern auch als Taster dient. Mit diesem Taster wird das Einstellungsmenü geöffnet. Dort kann eine vorher im Menü ausgewählte Gruppe an Einstelloptionen schnell aufgerufen und verändert werden. Diese Individualisierungsmöglichkeit vereinfacht die Arbeitsabläufe je nach den eigenen Wünschen. Rechts vom Adjustment-Schalter sitzt die Zoomwippe, die beim S10 Aufnahmemodul die motorische Brennweitenverstellung steuert. Zudem dient sie zur Navigation im Wiedergabemodus. Dieser kann über den Wiedergabeknopf aktiviert werden, der sich links von der Daumenablage befindet. Mit montiertem und aktiviertem elektronischen Sucher wechselt die Kamera beim Druck auf diesen Knopf nicht nur in den Wiedergabemodus, sondern gleichzeitig vom VF-2 auf das rückwärtige Display, so dass die Betrachtung der aufgenommenen Bilder einfacher wird. Unterhalb dieses Knopfes befindet sich die Makro-Taste. Ein Druck auf diese, und die Kamera wechselt vom normalen Aufnahmemodus in den Makromodus mit reduzierter Naheinstellgrenze ab 1cm Motivabstand. Unterhalb dieser Taste befindet sich das Steuerkreuz mit der zentralen Menütaste, die getreu ihrem Namen den Zugang zum umfangreichen Menü ermöglicht. In diesem sind eine sehr umfangreiche Zahl an Einstellungen möglich, die dem professionellen Charakter der Kamera gerecht werden. Die vier Tasten des Steuerkreuzes sind aufgeteilt in zwei Funktionstasten links und rechts, sowie in die Plus- und Minus-Taste oben und unten. Auch bei diesen Einstellmöglichkeiten wird dem Benutzer die Individualisierung eingeräumt und die Funktionen über das Menü zuordbar gemacht. Somit lassen sich eine Vielzahl an Einstellungen über dieses Bedienelement kontrollieren. Die standardmäßig vorgegebenen Belichtungskorrektur auf der Plus-/Minus-Achse erschien mir während des Tests die logische Wahl zu sein und blieb daher mein Favorit. Unterhalb des Steuerkreuzes sind zwei weitere Tasten angebracht. Links der Selbstauslöserknopf, der neben zwei vorgegebenen Auslösezeiten wiederum eine individuelle Belegung ermöglicht und damit die Verzögerung programmierbar macht. Selbst mehrere Aufnahmen zu unterschiedlichen Zeiten sind möglich. Die rechte der beiden Tasten ist die Displaytaste, die mehrere verschiedene Bildschirmansichten für die Aufnahme zur Verfügung stellt oder das Display komplett ausschaltet.
Die Ricoh GXR fühlt sich mit dem Aufnahmemodul S10 wie eine große Kompaktkamera an, von denen es heute allerdings nur noch wenige gibt. Durch das kleine Objektiv ist die Kamera ohne Probleme jackentaschentauglich und deutlich kompakter als mit dem größeren APS-C-Modul. Bei guten Lichtverhältnissen ist der Autofokus auf dem Niveau von Mittelklasse-Kompaktkameras, bei schlechten Lichtverhältnissen nimmt die Geschwindigkeit des Autofokus allerdings so rapide ab, dass er nur noch bei unbewegten Motiven verwendet werden kann. Und dies auch nur, sofern das AF-Hilfslicht assistieren kann. Ohne dieses kommt oftmals, besonders aber im Nahbereich, gar keine Fokussierung zu Stande. Die Videofunktion ist genau wie beim größeren Modul sehr schwach ausgebildet. Zwar ist die Bewegtbildaufnahme möglich, allerdings nur ohne Fokussierung und ohne echten Zoom. Auch die Nachführung der Belichtung ist Sprunghaft, und der Weißabgleich hat besonders bei künstlichem Licht sehr schlechte Werte abgeliefert. Dementsprechend gering war auch der Spaßfaktor bei der Benutzung.
Nach dem Test hinterließ die Ricoh GXR mit dem Aufnahmemodul S10 einen gespaltenen Eindruck. Für sich alleinstehend ist die Kamera nur mäßig attraktiv, groß, schwer und von eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Nur in Kombination mit beiden Modulen zeigt das Ricoh GXR-System eine wirkliche Stärke gegenüber anderen Kameras, da hierbei dann wirklich die Vorteile von großem und kleinen Sensor genutzt werden und durch die gleiche Bearbeitung auch von der Anmutung her ähnliche Bilder entstehen (im Rahmen der Möglichkeiten des kleinen Sensors). Insofern sehe ich die Kombination der Ricoh GXR mit dem S10 Aufnahmemodul als Ergänzung, wenn neben dem APS-C-Modul eine weitere Kompaktkamera gewünscht wird. Wer hingegen nur eine entsprechende Kompaktkamera sucht, dürfte von den Nachteilen, allen voran der dann doch recht üppigen Größe, eher abgeschreckt werden.
Sascha
Stewen
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